Die Evangelische Schlosskirche

Das Innere der Kirche
(Beschreibung nach Dehio/Gall: Handbuch der dtsch. Kunstdenkmäler)

Die Kirche ist eine dreischiffige Hallenkirche, im Osten durch einen 5/8-Chor, im Westen durch einen viereckigen Turm begrenzt. Beide sind so breit wie das Mittelschiff der Kirche. Das Längsschiff ist 23 m lang, 14 m breit und etwa 12 m hoch. Der Chor ist das älteste Bauteil dieser Kirche, er gehörte schon zur "Capell im dem Dail". Ein einfaches Kreuzrippengewölbe gliedert die Decke. Den Abschluss bildet ein Schlussstein mit dem frühen Wappen der Herren von Westerburg. Unter dem Chor befindet sich eine Gruft, die mehr als drei Jahrhunderte die Grablege der Grafen von Leiningen-Westerburg war.


Das Langhaus ist durch drei je 4 m hohe Rundpfeilerpaare unterteilt, aus deren Auslagen die Rippen heraus wachsen und die tonnenförmige Decke des Mittelschiffs überziehen. Die Schlusssteine sind mit geometrischen Mustern verziert.


Der quadratische Turm ist durch eine Tür im Rundbogen mit dem Langhaus verbunden. Auch die Schallöffnungen im Turm sind rundbogig und mit ebensolchen Blenden eingefasst. Sie verleihen dem Turm ein romanisches Aussehen.


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Ein Rundgang durch die Kirche (Der Grundriss)





A - Chor   B - Langhaus   C - Seitenschiffe   
D
- Empore    E - Turm    S - Sakristei
1 Der neugotische Altar ist aus grauem gemasterten Lahnmarmor, verziert mit Vier- und Dreipässen (2. Hälfte 19. Jh.)
2/5 Die schlicht verzierte Kanzel stammt aus der Zeit der Renaissance, ebenso die beiden Messingkronleuchter.
3/4 Der Taufstein und die Fenster im Chor schuf der Künstler Eugen Keller aus Höhr-Grenzhausen, den Taufstein 1976, die Fenster 1959.
6 Der Annen-Altar
7 Drei Bildnisgrabsteine (Renaissance)
Links: Graf Reinhard II. 1530 - 1584
Rechts: Graf Georg I. 1533 - 1586
Mitte: Gräfin Ottilie von Manderscheid - Blankenheim 1536 - 1597 (Gattin Reinhards II)
8 Das Kruzifix befand sich bis zur Innenrenovierung in den 50er-Jahren auf dem Altar
9 Grabplatte des Sekretärs Kohlrabe (Barock)
10 Ehewappen (Allianzwappen) des Grafen Georg Wilhelm (1619-1695) und der Gräfin Sophie Elisabeth zu Lippe, verziert mit zwei Putten. (Barock)
11 Ehewappen des Grafen Georg II. (1666-1726) und der Gräfin Anna Elisabeth Wilhelmine von Bentheim-Tecklenburg. (Barock)
Volkstümliche Malereien an den Brüstungen der Emporen (17./18. Jh.)
12 Moses erhält die Gesetzestafeln/ Dreifaltigkeit
13 Bilder aus dem Leben Jesu
14 Portraits Jesu und einiger Apostel

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Die Fenster im Chor


Das linke Fenster

Bilder zum Alten Testament

1. Die Schöpfung (1. Mose 1, 2-5)

Dargestellt ist der 1. Schöpfungstag. Gott schuf das Licht und schied es von der Finsternis. Abstrahiert dargestellt sind im weißen Kreis das Licht, in den beiden anderen Kreisen Sonne und Mond als Symbol für Tag und Nacht.

 

2. Das Paradies (1. Mose 2, 8)

Adam und Eva leben im Frieden der göttlichen Schöpfung. Die Hinwendung zueinander und die gereichten Hände symbolisieren, dass Gott die Menschen zur Gemeinschaft geschaffen hat.


3. Der Brudermord (1. Mose 4, 3-8)

Der Mensch hat Gottes Gebot übertreten. Das Paradies ist verloren. Nicht mehr die Verbundenheit dominiert, sondern der Hass. Kain schwingt die Keule zum tödlichen Schlag gegen seinen Bruder Abel, der geängstigt und geschunden am Boden liegt. Doch Gott ist warnend gegenwärtig, vom Künstler durch die Hand im oberen linken Bildteil angedeutet.


4. Die Arche Noah (1. Mose 9, 10-11)

Nach dem Brudermord des Kain lebt die Menschheit im Widerspruch zur göttlichen Ordnung. Die Sintflut, Gottes Strafgericht, bricht herein. Nur Noah findet Gnade und baut sich auf Gottes Befehl die Arche. Der Künstler hat das Ende der Sintflut dargestellt: Die Rückkehr der Taube mit dem Ölblatt. Noah und alles was in der Arche lebt, ist gerettet.


5. Die Berufung Abrahams (1. Mose 12, 1-4)

Gott hat Abraham berufen und zugleich aufgefordert in ein Land zu ziehen, das er ihm zeigen will. Abraham folgt Gottes Befehl. Im Bild schreitet er sicher und zielstrebig voran. Alle anderen folgen Abraham, den Gott berufen und dem er eine neue Heimat zugesagt hat.


6. Die Gesetzgebung (2. Mose 20 und 32)

Das Volk Israel lebt lange Zeit in ägyptischer Knechtschaft. Beim Auszug aus Ägypten durchquert es die Wüste. Am Berg Sinai fordert Gott Mose auf, zu ihm hinauf zu steigen. Dort überreicht er ihm die Gesetzestafeln. Diese Situation hat der Künstler dargestellt. Mose streckt die Arme kraftvoll weit aus, um die "Zehn Gebote" zu empfangen. Zugleich wendet er sich ab, nicht als Abwehrhaltung, sondern um sich zu schützen; denn "Gott wohnt in einem Licht, das niemand schauen kann".



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Das mittlere Fenster

Bilder zum Leben Jesu (Neues Testament)

1. Die Geburt Jesu (Lukas 22,1-20)

"Es kommt ein Schiff geladen ..." Dieses Weihnachtslied hatte E. Keller wohl im Sinn, als er statt der Krippe ein Schiff einfügt. Maria hebt das Kind empor, um aller Welt zu zeigen, dass hier der Herr und Heiland der Welt geboren ist. Im oberen Bildteil ist die Verkündigung der Geburt an die Hirten zu sehen.


2. Die Bergpredigt (Matthäus 5-7)

Mit diesem Bild ist eine Seite des heilsgeschichtlichen Wirkens Jesu dargestellt: die Lehre, die Verkündigung. Jesus sitzt auf einer Erhebung, seine Jünger stehen um ihn herum, dahinter dicht gedrängt seine Zuhörer. "Er predigt gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten," heißt es am Schluss der Bergpredigt

 

3. Die Heilung eines Blinden (Markus 8, 22-26)

Jesu Wirksamkeit auf Erden war nicht auf die Verkündigung beschränkt. Mit der ihm innewohnenden göttlichen Kraft heilte er Kranke, befreite Besessene von ihrem Leid und weckte Tote auf. Die Blindenheilung zeigt stellvertretend die helfende und heilende Tätigkeit unseres Heilands und Erlösers.


4. Die Kreuzigung Jesu (Matthäus 27, 33-47)

Kreuzigung und Auferstehung sind die Mitte des christlichen Glaubens. Darum ist im mittleren Fenster nicht die zeitliche Ordnung des linken Fensters übernommen. Die beiden zentralen Ereignisse des Evangeliums sind in die Mitte dieses Fensters und damit zugleich in die Mitte der gesamten Bildkomposition gerückt.


5. Die Auferstehung Jesu (Markus 16, 1-8; Lukas 24, 1-10)

"Der Gekreuzigte ist auferstanden und lebt! Über ihn hat der Tod keine Macht mehr. Jesus ist Sieger über den Tod." So lautet ein Kommentar zu diesem Bild. Jesu Körper wirkt nicht mehr irdisch, es ist ein verwandelter Leib. Auch die Engel verkörpern diese Schwerelosigkeit. Die neue Welt Gottes ist angebrochen.

 

6. Die Himmelfahrt Christ ( Lukas 24, 50-53)

Mit segnenden Händen nimmt Jesu Abschied von seinen Jüngern: "...aufgefahren gen Himmel!" Im Bild wird dieser Satz des Glaubensbekenntnisses betont, indem der obere Bildrand durch Jesu Hände und seine Gloriole durchbrochen ist. Der Weg zum Vater ist durch den Opfertod seines Sohnes frei geworden.



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Das rechte Fenster

Bilder zum 3. Artikel des Glaubensbekenntnisses

1. Die Ausgießung des Heiligen Geistes (Apg. 2,1-4)

"Und es erschienen ihnen Zungen, die sich zerteilten, wie von Feuer, und es setzte sich auf jeden unter ihnen," berichtet der Evangelist Lukas in der Apostelgeschichte. Hier ist versucht, das Ereignis darzustellen, das den Aposteln Vollmacht und Beglaubigung für ihr Wirken verlieh.


2. Die Heilige Taufe (Matthäus 28, 16-20)

Abweichend von der heutigen kirchlichen Praxis der Kindertaufe wird hier eine Erwachsenentaufe gezeigt, ergänzt durch das Symbol des Heiligen Geistes der Taube.
Der Künstler weist damit auf das durch die Taufe geschenkte neue Leben hin und die damit verbundene Verpflichtung, dieses recht zu gestalten.

 

3. Das Heilige Abendmahl (Matthäus 26, 26-28)

Das Bild zeigt in schlichter Weise, dass unser Herr Jesus Christus im Abendmahl mitten unter uns ist. Sein Licht erhellt die Abendmahlsgäste; seine Hand segnet den, der gerade die Gaben - Brot & Wein - empfängt.


4. Die Boten des Evangeliums (Apostelgeschichte 1, 8)

Wir sehen eine auseinander strebende Schar Menschen. Sie sind auf dem Weg in die Welt, um die göttliche Wahrheit zu verkünden, um den Missionsauftrag zu erfüllen. Was sie bezeugen, ist ihnen von Gottes Sohn gegeben. Jesus Christus ist der Bezugspunkt der Boten, er ist die geheime Mitte des Bildes.


5. Jesus Christus herrscht als König (Apg. 10, 36)

Christus sitzt auf der Weltkugel, in einem Lichterkranz, einer Mandorla. Er ist von Gott ins Herrscheramt eingesetzt. Die Herrschergebärde der rechten Hand bekräftigt dies. Die Weihnachtsbotschaft bestätigt sich: Das Kind in der Krippe wird die Welt regieren.


6. Die Vollendung der Gemeinde Jesu Christi
(Offenbarung 4, 9-11)

Das Bild ist eine symbolische Darstellung des Sieges Christi und damit der Vollendung seiner Herrschaft. Ein Lamm lagert auf einem Thronsessel. Aus der Seite des Lammes fließt Blut in einen Kelch, der auf der Erdkugel steht. Im Hintergrund sind 24 Kronen zu sehen, die die vergängliche Macht der weltlichen Herrscher andeuten. Und dies ist der Trost, den dieses Bild verkündet: Hinter allem Geschehen auf Erden steht Gott, der Herr!



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Der Annen - Altar
(Beschreibung nach E. Greiff in: Westerburg - Stadt seit 1292)

Das Gemälde in recht einfacher Komposition und Darstellung stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Es war Teil eines Hochaltars, der für die Wallfahrtskirche (heutige Liebfrauenkirche) angefertigt wurde. Er diente der Marienverehrung. Nach der Einführung der Reformation wurden Wallfahrten verboten. Das Grafenhaus ließ die Altäre in die Schlosskirche bzw. ins Schloss bringen. Der Dreiflügelaltar kam in die evangelische Kirche.

Im Mittelalter entwickelte sich Interesse am Leben der "Heiligen Sippe". Legenden entstanden, auch solche, die von Anna, der Mutter Marias, berichteten. Im 15./16. Jh. kam es zu ersten künstlerischen Darstellungen in Form der "Anna Selbdritt": Anna, Maria und das Jesuskind; Anna in der Regel als würdige "Matrone", äußerlich gekennzeichnet durch das Kopftuch und das Kinngebände der verheirateten Frau; Maria unterschiedlich als Kind oder Mädchen oder junge Frau.

In der Regel ist Maria sitzend mit dem Kind auf dem Schloss dargestellt, die von Anna angebetet werden. Auf diesem Flügelaltar jedoch hält Anna das Kind auf ihrem Schoß. Sie umfasst es mit ihrer rechten Hand und ihre Tochter Maria mit der linken Hand. Maria ist bekleidet als junge Frau mit ausgeschnittenem Kleid und einem durchsichtigen Schleier über dem Kopf. Sie betet das göttliche Kind an.

Auf den beiden Flügeln sind Lazarus und Maria Magdalena abgebildet, auf der Rückseite Sophie und Gereon. Ob es Beziehungen der Stifter des Altars zu den Heiligenfiguren gab, ist nicht geklärt. Da zurzeit der Stiftung in der Gemarkung Westerburg eine Siechenhaus nachgewiesen ist, wäre eine Verbindung zur Patronin der Apotheker (Maria Magdalena) und zum Lazarusorden, der sich der Pflege der Leprakranken (Aussatz) annahm, denkbar.

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Die Orgel

1898 hat der Kirchenvorstand eine neue Orgel in Auftrag gegeben. Sie wurde 1900 in der Kirche eingebaut, von einem Sachverständigen geprüft und so beurteilt: "Die Orgel ist ordnungsgemäß geliefert worden. Da die Orgel aber über die Vertragsverpflichtungen hinaus als ein Meisterwerk hingestellt werden kann, so ist der Gemeinde zum Besitze derselben besonders Glück zu wünschen."

Vielleicht war dieses fachmännische Lob mit ein Grund, dass Musik unserer Orgel neben der von sieben anderen Dorfkirchen im Gebiet der "Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau" (EKHN) 1990 für eine LP ausgewählt wurde. In der beigefügten Beschreibung des Instruments heißt es u. a.: Das jüngste Instrument unserer Dokumentation ist die im Jahre 1900 von Gustav Raßmann erbaute Westerburger Orgel. Sie zeichnet sich sowohl durch gediegene handwerkliche Qualität als auch durch charaktervolle Register aus. Trotz ihrer geringen Größe (16 Register auf 2 Manualen und Pedal) ist die Orgel zur Interpretation romantischer Orgelmusik hervorragend geeignet.


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Die Glocken

Die ältesten Glocken kamen um 1600 aus der Liebfrauenkirche in unsere Kirche. Sie wurden im 19. Jh. durch drei neue ersetzt, die im 1. Weltkrieg eingeschmolzen wurden.

1990 wurden die drei Stahlglocken aus den zwanziger Jahren durch vier Bronzeglocken aus der Glockengießerei Rincker in Sinn bei Herborn ersetzt. Sie sind klanglich auf das Geläut der katholischen Kirche abgestimmt.

Name: Inschrift: Ton: Gewicht: Symbol:
Dominica
(dem Herrn gehörend)
"Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren" 1.254 kg Das Gottesauge
Christusglocke
"Ehre sei Gott in der Höhe" 596 kg "PX"
Heilig-Geist-Glocke
(Friedensglocke)
"und Frieden auf Erden" 427 kg Taube mit Palmzweig
Schöpfungsglocke
"und den Menschen ein Wohlgefallen" cis´´ 327 kg Sonne, Ähre, Weintraube

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